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Hier landen die verschickten Newsletter nach einer gewissen Zeit, damit du darin stöbern kannst. Momentan läuft ein Fortsetzungsroman mit jeder neuen Ausgabe, und so kannst du nachlesen, was bisher geschah, auch wenn du dich erst später zum Newsletter angemeldet hast!
Ich habe hin und her überlegt, in welcher Reihenfolge ich die Newsletter archiviere, und mich dazu entschieden, sie nach Datum in absteigender Abfolge zu ordnen. So kannst du zB den Fortsetzungsroman durch einfaches Herunterscrollen lesen. Viel Spaß!
Newsletter vom 03.02.2023
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Newsletter vom 10.04.2023
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Newsletter vom 03.05.2023
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Newsletter vom 10.06.2023
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Newsletter vom 06.08.2023
Hallo!
Wie geht es dir? Ich hoffe, der Sommer bringt auch dir ein wenig Erholung, wenn er schon so mit der Sonne spart.
Zunächst mal ein herzliches Willkommen den zahlreichen neuen Abonnenten! Schön, dass ihr da seid! Die früheren Newsletter finden sich übrigens auf meiner Homepage im Archiv:
https://odine-raven.jimdofree.com/newsletter/
Was gibt es dieses Mal zu berichten?
Im Chat mit einer Leserin kam letztens die Frage auf, wie denn so ein Buchcover entsteht. Ich fasse hier für dich zusammen:
Bei der Covergestaltung arbeite ich mit verschiedenen Designern zusammen. Dabei besprechen wir uns, machen Vorschläge, probieren aus usw. Der „Arnaud“ stammt von Hera N. Hunter und war ganz schön Arbeit, weil wir kein geeignetes Pärchen finden konnten. In die Colette auf dem Cover habe ich mich aber sofort verliebt! Die Idee zur Farbgestaltung hatte Hera, der Hintergrund war mein Vorschlag – das ist nämlich der Quai Vauban in Besançon. Hera hat mir erzählt, sie habe extra für dieses Design die Aquarelltechnik ausprobiert, die sie jetzt auch bei ihren anderen Covers anwendet!
„Resurrexit“ war ursprünglich bei einem Verlag, der leider zumachen musste. Da hab ich stundenlang mit der Verlegerin Stockfotos von potentiellen Ritter-Modellen durchforstet, das war total lustig. Erstellt hat es dann der Verlagsdesigner Michael Troy, und nach dem Ende des Verlags durfte ich das Cover weiterverwenden, was echt total lieb war.
Das „Dornröschen“ stammt von Kathy von Epic Moon Coverdesign, mit der ich immer wieder gerne zusammenarbeite, zum Beispiel auch bei „Eisberg bei Neumond“ und „Der Mars und das Mädchen“. Auch da hab ich erstmal meine Vorstellungen formuliert, und sie setzt das dann so grandios um, dass ich meine, sie kann mir in den Kopf schauen! Sie ist total hilfsbereit und hat auch schon mal meine eigenen Coverkreationen "repariert".
Das Beste war aber "Schneewittchens Sieben"! Das Cover wurde im fernen Texas von Pixie Covers entworfen. Auch hier haben wir tagelang Stockfotos durchstöbert, bis endlich die Männer-WG vollständig war. Ich muss dir kurz den Orloff zeigen:
Figur Orloff aus "Schneewittchens Sieben"
Passt sowas von gut zu meinem liebenswerten, schwulen russischen Frisör!
Nach der Veröffentlichung sprach mich ein Bekannter an, woher ich dieses Foto hätte. Er machte sich Sorgen wegen Urheberrecht, aber da konnte ich ihn beruhigen – alles ordnungsgemäß und legal. Aber jetzt kommt's – sagt er doch glatt "Den kenn ich!". Die Designerin aus Texas hatte ein Foto aus dem Internet benutzt, aber das Model Kai wohnt keine 10km entfernt von mir! Wir haben uns auch schon mal getroffen, und er ist ein ganz toller, super lieber Typ und der beste Orloff überhaupt!
Model Kai und Odine
Und damit kämen wir zu den News in Newsletter:
Ich hatte auf Social Media nach Wunschbüchern gefragt, die ich diesen Sommer als EBook kostenlos bei Amazon anbieten könnte.
Dir verrate ich vorab, welche es sein werden und wann:
9. bis 13. August – Heimkehr
16. bis 20. August – Schneewittchens Sieben
23. bis 27. August – Eisberg bei Neumond
Nach dem 10. August wird es auch "Das Geheimnis des Monsieur Arnaud" noch einmal für ein paar Tage kostenlos geben, das genaue Datum steht noch nicht fest.
Wenn du mich unterstützen möchtest, wäre ich dir mega dankbar für eine zeitnahe Rezension auf Amazon und Weitersagen in deinen Netzwerken, denn all das zählt hinein in den Kindle Storyteller Award, bei dem der "Arnaud" teilnimmt. Bitte verwende auf Social Media wenn möglich diese Hashtags:
#monsieurarnaud #kindlestoryteller2023 #kindlestorytellerx2023 und btw auch #selfpublishingbuchpreis2023
Vielen lieben Dank!
Und hier endlich der fünfte Teil von „Bisanz der Vampire“
Viel Spaß beim Lesen, hab noch einen wunderbaren Sommer, und bis bald wieder!
Liebe Grüße,
deine Odine
Bisanz der Vampire – 5. Kapitel
Ein bewusstloser Patient war ein unkomplizierter Patient. Er hatte sich im Fallen die Lippe aufgeschlagen. Das musste jedoch warten. Die Übertragung war wichtiger. Sarah hievte ihn zurück auf die Bank und machte sich an die Arbeit. Mit wenigen Handgriffen band sie sich selbst den linken Arm ab, stach sich mit einer Spritze in die Vene und öffnete den Gurt. Die Spritze füllte sich rasch mit ihrem Blut. Dann zog sie das Instrument wieder heraus. Der Stich blutete nicht nach; das war bei ihr eben so. Anschließend verfuhr sie ganz ähnlich mit dem Comte. Sie drückte ihm den roten Lebenssaft in den Arm und betete, dass sie sich nicht vertan hatte.
Henri stöhnte und schlug die Augen in dem Moment auf, als sie die Spritze entfernte. „Ah!“
„Alles schon vorbei, Monsieur. Hat gar nicht wehgetan, non?“
Er fuhr sich mit der Hand an den Mund. „Sie ... Sie ... Sie auch!“
„Ein Vampir? Oui, Monsieur. Das haben Sie richtig erkannt.“
Er starrte sie fassungslos an. Unwillkürlich nahm er die Hand vom Mund und sah das Blut darauf. „Was ...?“
„Sie haben sich bei Ihrem Sturz verletzt.“
„Aber Sie sind doch eine Nonne?“ Die blutige Lippe schien ihn nicht so sehr zu interessieren wie der offensichtliche Widerspruch in ihrer Person.
„Ja, und das hier ist ein geweihtes Gotteshaus. Glauben Sie mir nun, dass ich besser über meine Art Bescheid weiß als Sie?“
Er nickte und fing einen Blutstropfen von seinem Mund auf.
Sarah hielt erschrocken den Atem an. Blut! Es duftete ungemein betörend. Sie konnte nicht verhindern, dass sie wie gebannt darauf schaute.
„Werden ... werden Sie mich b-beißen?“ Henri wich ein Stück weg von ihr.
„Sie ... beißen?“, erwiderte sie lahm. Einmal durchatmen, dann hatte sie sich wieder halbwegs im Griff. Sie hätte vorher etwas trinken sollen. Aber die Tiere waren bereits fort, in ihrem neuen Stall, und eigentlich war es noch gar nicht an der Zeit. Nun lockte der süße, wehrlose Henri direkt vor ihrer Nase mit dem Duft von Menschenblut. Sie konnte gar nicht genügend Ave-Maria im Geiste herunterbeten, um nicht magisch von diesem Mund angezogen zu werden, von dem der köstliche Saft tropfte. „Nein, natürlich beiße ich Sie nicht“, raunte sie.
Der Comte rührte sich nicht. Voller Angst starrte er ihr entgegen, wie sie sich ihm langsam näherte. „S-sind Sie da ganz sicher?“
„Ja“, hauchte sie, und da ihre Lippen nun sehr nahe bei seinen und eben leicht geöffnet waren, brauchte es nicht mehr viel, um ihn damit zu berühren. Ein glückseliger Seufzer entkam ihrem Mund, dann verschmolz sie mit dem seinen. Sie leckte begierig das Blut daran auf, saugte sich fest an ihm, und im Rausch lange brachgelegener Sinne versank sie geradezu in diesem endlosen, wilden Kuss. Dermaßen in Ekstase versetzt, registrierte sie nicht einmal, dass Henri ihn erwiderte.
Erst als die Wunde aufgehört hatte, zu bluten, kam Sarah wieder zu sich, und mit ihr der Comte. Beschämt lösten sie sich voneinander und rangen sowohl um Atem als auch ihre Fassung.
„Madame ...“
„Sarah. Ich heiße Sarah.“ Sie zog sich die weiße Haube vom Kopf. Hervor kamen ihre langen, kastanienbraunen Locken.
„Sarah ...“ Er ließ sich Zeit damit, den Klang ihres Namens auszukosten und die Frau vor sich zu betrachten. „Sarah, bitte verzeihen Sie mein Benehmen.“
„Henri ...“ Wie sie es genoss, seinen Namen auszusprechen. Sein Klang faszinierte sie umso mehr, da sie nun wusste, wie er schmeckte.
„Ich hätte niemals ... es ist unverzeihlich, dass ich ...“
„Ich wollte es. Ich wollte dich küssen“, wisperte sie verträumt.
„Sie ... aber Sie sind eine Braut Jesu!“
„Aber er küsst mich nicht so wie du ...“
„Madame! Ehrwürdige Schw- ...“
„Sarah. Nenn mich Sarah. Für dich bin ich ...“
„Sarah ...“
„Ja.“
Sie schauten einander an, innerlich zu aufgewühlt, um die passenden Worte zu finden.
Henri senkte betreten den Blick. „Ich habe deine Keuschheit missachtet. Es tut mir leid.“
„Mir tut es gar nicht leid“, erwiderte Sarah. „Ich war lange genug keusch. Die neue Oberin gefällt mir nicht, und im Kloster ist kein Platz mehr für mich. Wie soll ich den Menschen dienen, wenn sie mich wegsperren vor ihnen?“
„Den Menschen dienen?“
„Ja. Ich kann sie heilen.“Von da an sollten sich ihre Wege nicht mehr trennen. Sie wussten es noch nicht, aber in diesem Augenblick entschied sich ihr Schicksal.
Newsletter vom 06.10.2023
Hallo!
Wie die Zeit doch fliegt! Ich wollte mich schon längst bei dir melden, denn es gibt so viel zu berichten!
Ganz wichtig: Jetzt am Wochenende findest du mich auf dem Literaturfestival Weinheim, wo ich mit „Vernes Federn“ einen Stand auf der Buchmesse in der Weinheimer Stadthalle habe.
Ist schon geil, so eine „Hausmesse“ direkt vor Ort … Weinheim ist echt nur einen Katzensprung weg von „Verne“.
Und dann ist Ingrid Noll die Schirmherrin! Ich hoffe so sehr, dass ich die Autorin von „Die Apothekerin“ live erleben und vielleicht sogar mit ihr quatschen kann!
Meine Lesung im Mausoleum ist ausverkauft. Wow! Und natürlich lese ich an solchem Ort aus „Resurrexit – Ein Templer fürs Leben“.
Hast du gesehen – auf skoutz.de gibt es ein Interview mit mir! Hier der Link:
https://skoutz.de/zu-besuch-bei-odine-raven/
Das passierte im Zuge der Nominierung zum Skoutz Award und war mega lustig.
Außerdem – und das ist für mich immer noch unfassbar – wurde meine Kurzgeschichte „Transstellare Substitution“ für eine ganz besondere Anthologie ausgewählt! Ich darf noch nix dazu sagen, außer dass sie sogar ins Englische übersetzt wird! Okay, zumindest so viel: Es ist ein amüsanter Science Fiction, der in meiner Heimat, dem Rheingau, spielt.
Schaust du gelegentlich mal auf meine Webseite? Da stelle ich alle paar Wochen eine „Tageslektüre“ ein, also Kurzgeschichten passend zur Jahreszeit oder anderen aktuellen Dingen.
Eine Ankündigung habe ich noch: Am Sonntag, den 12.11.2023 veranstalten „Vernes Federn“ ab 14 Uhr erneut eine Lesung in der Kulturscheune in Viernheim. Es kommen wieder fantastische Autoren, und erstmals ist das Genre „Erotik“ vertreten – aber mit einem jugendfreien Textauszug! Livemusik liefert wieder mein Duo „Quest42“.
Ich würde mich über deinen Besuch sehr freuen!
Und hier endlich gleich zwei Kapitel aus „Bisanz der Vampire“, weil du so lange warten musstest – viel Spaß und bis zum nächsten Mal,
deine Odine
Bisanz der Vampire – 6. Kapitel
Die Bluttransfusion zeigte bald die gewünschte Wirkung. Henris Gesundheit war bereits nach wenigen Tagen wiederhergestellt.
Der Konvent indes musste sich damit abfinden, dass eine Schwester aus ihren Reihen mit dem Auszug aus den alten Mauern die Gemeinschaft gleich endgültig verließ.
Der Comte verfügte über die nötigen finanziellen Mittel, um für sich und Sarah ein bequemes Appartement anzumieten. Mit offensichtlichem Staunen verfolgte er ihre Wandlung zu einer modernen, selbstbewussten und überaus schönen Frau, die mit ihm ihr schockierendes Geheimnis teilte.
Gleichzeitig ließ Sarah keinen Zweifel daran aufkommen, dass alles, was sie tat, im Sinne des Allmächtigen geschah. Ihr Glaube schien unerschütterlich. Sie hatte zwar ihr Gelübde weit hinter sich gelassen, aber sie zelebrierte geradezu das, was sie nun an greifbarer Liebe in ihrem Herzen empfand. Gott selbst hatte ihr diesen Mann gesandt, und der wollte wohl nichts mehr, als sie auf ihrem neu gewählten Weg zu unterstützen.
Fasziniert von ihren heilenden Fähigkeiten richtete Henri ein Institut für Sarah ein. Hier sollte sie in Ruhe forschen und dabei all jenen helfen, die mit ihren Leiden zu ihr kamen.
Gerade war eine Kiste mit Laborgerätschaften eingetroffen, und der Comte half seiner Vampirin beim Auspacken und einsortieren. „Wo kommt das hin?“ Er hielt ein Gestell mit gläsernen Kolben in die Höhe.
„Auf den Labortisch am Fenster. Danke dir. Hast du die Dissertatio irgendwo gesehen? Sie wollten sie eigentlich mitschicken.“
„Nein, was ist das?“
„Der Schmerling ... über Infektionskrankheiten. Ach, zuweilen vermisse ich die Klosterbibliothek!“
„Unten steht noch eine Kiste, ich geh gleich mal runter und hole sie, sobald hier mehr Platz ist.“
Sarah lächelte. „Na, dann lass uns schnell weitermachen.“
Sie kramten eine Weile schweigend vor sich hin.
Henri fand eine abgegriffene Broschüre. „Ist es das, was du gesucht hast?“
„Oh, der Wiß! Nein, den brauche ich aber auch, kommt da drüben hin.“
„Ist das Deutsch?“
„Ja.“ Sie grinste keck. „Nicht alles ist auf Französisch verfügbar.“
„Du sprichst Deutsch? Womit überraschst du mich als nächstes?“
„Latein. Ein bisschen Altgriechisch.“
„Wann hast du das alles gelernt?“
„Ich hatte sehr viel Zeit, schon vergessen? Hebräisch und Arabisch.“
„Auch noch? Wie das?“
„Das hat mir meine Mutter beigebracht. Ist sehr lange her.“ Ihr Blick verfinsterte sich.
Henri tat ihr den Gefallen und fragte nicht weiter nach. „Wofür brauchst du diese vielen Bücher?“
„Na, irgendwoher muss ich ja an das ganze moderne Wissen kommen, nicht wahr?“
„Das hast du alles gelesen? Auch das mit dem Blut injizieren?“
„Das nicht direkt. Da kam mir letztes Jahr eine Idee, als Schwester Berta an der Schwindsucht erkrankte.“
„Erzähl mir davon.“
„Wir hatten sie zur Ader gelassen und ich hatte dabei an der Wunde gesaugt, wie wir es immer taten. Es ging ihr auch merklich besser danach. Aber die Krankheit hatte sie zu sehr im Griff, und für einen weiteren Aderlass war sie zu schwach. Sie hat dann etwas gesagt – ‚hätte ich doch nur mehr Blut im Körper‘, etwas in der Art – das mich auf diese Idee brachte. Was, wenn ich ihr von meinem Blut geben würde? Das probierten wir aus, und schon einen Tag darauf war sie vollständig genesen! Also ist mein Blut noch wirksamer als mein Speichel, und ich will jetzt wissen, warum.“
„Und darum hast du das mit mir auch so gemacht.“
„Nun, ich hatte da so einen Verdacht. Der Biss eines Vampirs hätte nicht so lange schädlich wirken dürfen. Im Gegenteil. Er hätte insgesamt einen heilenden Effekt zeigen müssen. Möglicherweise war er stark verunreinigt durch den vorigen Kontakt mit dem Pferd. Oder ganz andere Mechanismen haben ineinandergegriffen. Das muss ich unbedingt herausfinden.“
„Das ist faszinierend!“
„Und erschreckend, wie es scheint. Die alte Oberin hat mich ja gewähren lassen, aber die neue – niemals. Sie hat von mir verlangt, meine Forschungen einzustellen, und wer weiß, was im neuen Haus aus mir geworden wäre.“
„Dann kam ich ja gerade im rechten Moment.“
„Ja, mein Lieber.“ Sarah strich ihm zärtlich über das Kinn.
Es klopfte an der Tür. Das Hausmädchen schaute herein. „Monsieur, Madame, unten wartet ein Herr auf Sie. Soll ich ihn hereinbitten?“
Nanu? Sie bekamen sonst keinen Besuch, erst recht nicht nach Einbruch der Dunkelheit.
„Hat er gesagt, was er will?“, fragte Henri.
„Nein, Monsieur.“
„Bring ihn in den Salon, wir kommen gleich.“
„Sehr wohl, Monsieur.“ Sie knickste und verschwand.
„Wer mag das sein?“ Henri runzelte die Stirn.
„Lass es uns herausfinden“, meinte Sarah abenteuerlustig und zog ihn an der Hand aus dem Labor.
Im Salon wartete ein großgewachsener Mann mit langen, schwarzen Haaren auf sie. Seine Kleidung entsprach der neuesten Mode und war sicherlich nicht billig gewesen. In der Hand hielt er einen schicken Zylinder. Mit einem gefälligen Lächeln blickte er ihnen entgegen und verneigte sich höflichst. „Madame, Monsieur.“
Henri ergriff das Wort. „Guten Abend, Monsieur. Womit können wir behilflich sein?“
„Guten Abend. Seien Sie bedankt, dass Sie sich Zeit für mich nehmen. Mein Name ist Corbinian de Bayeux. Ich bin ... Ihr neuer Nachbar. Für eine Zeit zumindest. Ich habe ein Appartement im Haus gegenüber bezogen, bei der ehrenwerten Madame Pellier. Ich wollte mich Ihnen ergebenst vorstellen und bin leider nicht früher dazu gekommen.“
„Wir freuen uns, Sie hier begrüßen zu dürfen, Monsieur. Ich bin Henri Comte de L’Aquai, und das ist meine Verlobte, Sarah d’Ascalon.“
Die Augen des Fremden blitzten kurz auf, aber das mochte auch Einbildung gewesen sein. „Enchanté, très enchanté, ich freue mich überaus, Ihre Bekanntschaft zu machen.“
„Die Freude liegt ganz auf unserer Seite. Dürfen wir Sie zu einer Erfrischung einladen?“
„Oh ja, sehr gerne!“
Henri bot dem Gast einen Platz an und gab dem Hausmädchen den Auftrag, einen Bordeaux aus dem Keller zu holen. Dann wandte er sich erneut an den Fremden. „Darf ich fragen, was Sie in unsere Gegend verschlägt?“
„Nun, ich bin ... auf der Durchreise, sozusagen. Das Jura fasziniert mich, und so bin ich hier in Bisanz gelandet. Eine wundervolle Stadt, wenn Sie mich fragen. Formidable Amusements, so hörte ich, und dann ... nun, da gibt es noch ein paar leidige ... Familienangelegenheiten zu erledigen, aber das muss einem ja nicht den Spaß verderben, non?“ Er lächelte überaus gewinnend, und so dauerte es nicht lange, und sie waren in eine kurzweilige Plauderei mit ihrer neuen Bekanntschaft vertieft.
Bisanz der Vampire - 7. Kapitel
Es verging kein Abend, an dem Corbinian nicht bei ihnen weilte. Auf Sarah übte er einen unerklärlichen Reiz aus. Er schien es zu bemerken und auch noch zu befördern. Doch erlag sie nicht etwa seinem Charme. Vielmehr beobachtete sie ihn und sich selbst, wie es ihre Art war, neugierig und mit Verstand. Und irgendetwas riet ihr, ihn nicht zu unterschätzen und ihm lieber mit einer gewissen Vorsicht zu begegnen.
Auch Henri blieb nicht verborgen, wie der Gast seine Verlobte umschmeichelte. Da er jedoch keine Grenzen überschritt und Sarah stets höflich, aber bestimmt die Andeutungen ins Leere laufen ließ, sah er keinen Grund, ihn zurechtzuweisen. Er war ja nur auf der Durchreise, also würden sie ihn bald wieder los sein.
Ohnehin gab es seit kurzem ein weitaus ernsteres Thema, das die ganze Stadt beherrschte – ein gemeingefährlicher Mörder trieb in den engen Kalksteingassen sein Unwesen! Bereits drei bedauernswerte nächtliche Spaziergänger waren ihm zum Opfer gefallen! Die Gendarmen tappten derweil im Dunkeln.
Bei einem guten Glas Rotwein ließ es sich im Salon des Comtes hervorragend darüber spekulieren.
„Verblutet, sagen Sie?“ Corbinian zog skeptisch die Brauen in die Höhe.
Sarah nickte. „Man hat außer den Stichen am Hals keine Verletzungen erkennen können.“
„Aber welches Mordwerkzeug soll als Tatwaffe gedient haben?“
„Eine Nadel vielleicht? Sie wissen es nicht.“
„Und es kümmert sie am Ende auch nicht“, warf Henri ein.
„Gewiss“, meinte Corbinian, „auf ein paar Bettler mehr oder weniger kommt es wohl nicht an.“
Es waren Bemerkungen wie diese, die Sarah innerlich zusammenzucken ließen. Sicher sprach der Gast nicht aus eigener Überzeugung, aber die Beiläufigkeit, mit der ihm solche Worte über die Lippen kamen, verriet ihr die abstoßende Kälte seines Gemüts.
„Was könnte nur das Motiv sein?“, fragte sie in die Runde. „Die Lust am Töten? Gepaart mit der Gewissheit, dass es die wenigsten wirklich interessiert, wer diese armen Menschen umgebracht hat?“
Corbinian lächelte verhalten, wie er es gerne tat. „Nun, es sieht nicht nach einem Raubmord aus, non?“
„Passen Sie bitte trotzdem gut auf sich auf, Monsieur, wenn Sie zu so später Stunde unterwegs sind.“
„Aber Madame, es sind doch nur wenige Schritte von hier zu meiner Herberge. Was soll da schon passieren?“
Er nahm es dennoch zum Anlass, sich für heute zu verabschieden, was seinen Gastgebern nicht ungelegen kam.
Nachdem Henri zu Bett gegangen war, widmete sich Sarah ihren Studien. Sie bevorzugte die Nacht, wenn alles ruhig war und sie nicht dauernd von der Geschäftigkeit ringsum abgelenkt wurde, um sich in ihre Bücher zu vertiefen. Von der Natur mit nachttauglichen Augen ausgestattet, bedurfte sie dazu nicht mehr als einer kleinen Kerze.
Allerdings zwang sie eben diese Natur, ihre Arbeit lange vor Tagesanbruch zu beenden und ihren Durst stillen zu gehen – ihren Blutdurst. Denn der Vampir, der sie war, duldete keinen Aufschub und verlangte nach einer Blutmahlzeit. Zu diesem Zwecke hatten sie und Henri im Hinterhof einen Hasenstall angelegt sowie ein Hühnergehege. Allnächtlich fiel eins der Tiere ihrem Durst zum Opfer, und der Haushalt freute sich anschließend über den Braten.
Ein Blick in den Stall überzeugte sie jedoch, dass es ratsam war, sich dort keine Beute zu suchen, denn die Zahl der Tiere war merklich dezimiert. Am nächsten Markttag mussten sie dringend neue besorgen.
Also hieß es für heute, zwei oder drei unvorsichtige Ratten aus der Gosse zu fangen.
Seufzend machte sich Sarah auf den Weg. Ratten, pfui. Gottlob gab es am Kai etliche davon, und weiter unterhalb am wild überwucherten Flussufer schliefen die Enten, denen sie in der folgenden Nacht einen Besuch abstatten würde.
Sie hatte kaum der letzten Ratte für heute den Lebenssaft ausgesaugt, da vernahm sie von eben jenem Ufer eindringliche Laute, die dort nicht hingehörten. Ein abgewürgter Schrei, das Scharren und Knuffen eines Gerangels!
Mehr neugierig denn ängstlich eilte sie den Weg entlang des Kais zu der Stelle hin, wo sie das Handgemenge vermutete. Und richtig – da beugte sich eine dunkle Gestalt über eine andere und machte sich an ihr zu schaffen. Ein Überfall? Was tat der Mann da? Warum rührte sich der andere nicht?
Ehe sie sich versah, hielt er inne, sein Opfer nach wie vor fest umklammert. Sarahs unbedachter Schritt, der ein noch so winziges Geräusch verursacht haben mochte, ließ ihn herumfahren. Oh Gott! Sein Gesicht war blutverschmiert!
„Ah!“, entfuhr ihr ein Aufschrei, und da sprang er sie bereits an.
Vergeblich bemühte sie sich, aus seinem Griff zu entkommen – doch er war zu stark. Viel stärker als sie selbst, und das konnte nur bedeuten, dass auch er ein – „Monsieur!“ Entsetzt fuhr sie zusammen.
Corbinian grinste breit und offenbarte dabei seine langen, spitzen, blutigen Reißzähne, die er sonst so geschickt verborgen hatte. „Sarah, ma chère! Bist du gekommen, um mit mir einen Schluck köstlichen Blutes zu teilen?“ Er schien nicht im Mindesten erstaunt über ihre Anwesenheit.
„Monsieur! Sie ...“
„Aber Sarah, warum so bestürzt? Hier, trink etwas!“ Verächtlich hielt er ihr den Leichnam hin, den er mühelos mit einer Hand fassen konnte.
„Sie sind es! Sie haben sie ermordet!“
Er lachte nur. „Ermordet! Welch harte Worte! Wir gehen lediglich unserer Natur nach, Werteste. Na, na, du brauchst es nicht leugnen – ich habe dich gleich erkannt!“
„Lassen Sie mich los!“
„Aber wieso? Wäre es nicht wunderbar, wenn wir uns zusammentäten, hm, du und ich? Sarah und Corbinian, le Vampire. Zusammen könnten wir so viel Spaß haben!“
„Wie können Sie es wagen!“ Die Entrüstung verlieh ihr zusätzliche Kräfte, und sie kam frei. Nicht eine Sekunde länger wollte sie mit diesem Monster die Atemluft teilen. Sie floh in die Nacht und vernahm Corbinians höhnisches Gelächter hinter ihr.
„Sarah! Du und ich! Vergiss ihn! Er ist nur ein Mensch, er wird bald sterben, hörst du?“ Und, als sie nicht antwortete: „Geh und verrate mich, sie werden dir nicht glauben!“
Wimmernd vor Grauen und Enttäuschung erreichte sie das rettende Zuhause und schlug die Tür hinter sich zu. Schob alle Riegel davor ... als ob dies einen Vampir abhalten konnte!
Sie sackte weinend in sich zusammen und wusste nicht, wie ihr geschehen war.
Newsletter vom 22.10.2023
Extra-Post!
Hallo!
Aus aktuellem Anlass bekommst du heute schon wieder Post von mir.
Meine Märchen-Adaption „Dornröschen spinnt!“ hat es auf die Fantasy-Shortlist des Skoutz Awards geschafft!
Seit gestern können nun die Siegertitel gewählt werden.
Bitte hilf mit und gib Dornröschen deine Stimme!
Dazu brauchst du lediglich dem Link zu folgen, zur Fantasy-Shortlist scrollen und ein Häkchen bei „Dornröschen spinnt!“ zu setzen, fertig! Und vielleicht magst du es auch weitererzählen, denn jede einzelne Stimme zählt! Hab Tausend Dank für deine Unterstützung!
Die Abstimmung geht nur bis Ende des Monats, und dann heißt es Daumendrücken.
Hier der Link:
https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSdmNh9P1wOfAdNSKa0VOj3epOR5oWEsBwRUIfx02GbJD1US7A/viewform
Und natürlich gibt es jetzt das nächste, wenn auch recht kurze Kapitel von „Bisanz der Vampire“. Wenn du nochmal nachlesen möchtest, was bisher geschah, findest du die früheren Kapitel auf meiner Webseite im Newsletter Archiv.
Viel Spaß beim Lesen!
Liebe Grüße,
deine Odine
8. Kapitel
Das fahle Licht der herbstlichen Morgensonne fiel in ihr Schlafgemach, aber es fand niemanden, den es wecken konnte, denn die beiden Bewohner waren bereits wach.
Sarah hockte auf einem Sessel, die Beine angezogen und fest umschlungen und die Augen rotgeweint.
Henri schritt am Fenster auf und ab und raufte sich dabei die Haare. „Wieso?“, fragte er zum wiederholten Male.
„Was sollen wir nur tun?“, wisperte sie kraftlos.
Sie hatten es schon hundertfach durchgesprochen. Zur Polizei gehen, ihn anzeigen ... sich lächerlich machen. Wer würde ihnen glauben? Und so einer wie Corbinian – der würde doch nichts riskieren? Möglicherweise hatte er die Stadt bereits verlassen, jetzt, wo sie ihn enttarnt hatten! Oder trachtete er am Ende gar Henri nach dem Leben?
Sie schauderte bei dem Gedanken. Und noch etwas fiel ihr ein. „Wir müssen Madame Pellier warnen vor diesem Ungeheuer.“ Was sie der alten Dame genau sagen sollten, wusste sie allerdings nicht.
„Hoffentlich ist es nicht zu spät.“ Henri zog die Stirn in Falten. „Was will er hier? Warum ist er hergekommen? Wann hat er wohl gemerkt, dass du auch eine bist?“
Sarah schniefte lediglich.
Er fuhr fort: „Ich meine ... all die Jahre ... niemand glaubt doch wirklich daran! Vampire! Und jetzt – wie vielen bin ich allein dieses Jahr begegnet? Gibt es ... gibt es denn dermaßen viele von euch?“
„Ich weiß es nicht.“ Die Tränen rannen ihr über das Gesicht. Sie fühlte sich so schuldig. „Ich hab seit Jahrhunderten keinen mehr gesehen.“
„Spielt auch keine Rolle. Einer reicht schon. Da kann uns nämlich keiner helfen, verstehst du? Da müssen wir ganz alleine durch!“
„Wirklich?“
„Ja! Also – wie meinst du das?“ Er starrte sie verwirrt an.
„In Marseille ... da warst du nicht allein ...“
„Aber das waren ... noch mehr Vampire!“
„Sie haben einen der ihren getötet“, erinnerte Sarah ihn an jene Nacht.
„Ja, aber das heißt doch nicht ...“
„Bist du sicher?“
Er hielt inne. „Nein.“
„Meinst du, sie würden auch uns helfen?“ Sie klang entschlossen.
„Sarah ... ich weiß nicht, wo ... wer ...“
„Sie haben sie Madame Lemond genannt, nicht wahr?“
Noch am gleichen Tag erging eine Depesche an den Préfet de Police in Marseille mit der Bitte, die ehrenwerte Bürgerin Madame Lemond zu finden und ihr auszurichten, sie möge sich mit ihnen in einer äußerst wichtigen Angelegenheit in Verbindung setzen.
Und es dauerte nicht lange – da kam sie höchstpersönlich angereist!
Newsletter vom 31.12.2023
Hallo!
Zum Jahreswechsel kommt mit mächtiger Verspätung mein Newsletter! Es gab technische Probleme, die nun hoffentlich behoben sind, bitte entschuldige.
Wie schnell war Weihnachten doch vorbei, ich hoffe du hattest ein paar entspannte und besinnliche Tage. Bei mir haben sich gemütliche Momente abgewechselt mit ereignisreichen, so zum Abschluss mein Geburtstag, den ich mit Familie und Freunden bei guter Musik und Spundekäs gefeiert habe. Und jetzt bin ich stolze Besitzerin eines eigenen Kindle Paperwhite, mit dem ich viel besser lesen kann als mit dem Gerät der ersten Generation.
Kommen wir zu den News:
Meine SF-Kurzgeschichte „Transstellare Substitution“ ist in der Anthologie „In andere Welten“ aus dem A7L Verlag erschienen zusammen mit 26 weiteren galaktisch genialen Geschichten. Hierzu wollte ich ja verraten, was der „Spätlesereiter“ ist: Früher mussten die Mönche auf dem Johannisberg im Rheingau die Erlaubnis zur Weinlese des Fürstbischofs in Fulda einholen, was per berittenem Eilmelder geschah. Im Jahr 1775 verspätete sich der Reiter aufgrund ungeklärter Ursachen – das wäre doch auch mal eine Geschichte wert – und so verfaulten die Trauben an den Rebstöcken. Man hat sie trotzdem geerntet und gekeltert, und siehe da – heraus kam ein unfassbar guter Wein, die sogenannte Spätlese. Keine Sorge – Schuld ist die Edelfäule und nicht etwa der Schimmel. Seither erzählt man sich vom Spätlesereiter.
Meine Autorengruppe „Vernes Federn“ etabliert sich langsam, aber sicher. Unsere Lesung in der Viernheimer Kulturscheune Mitte November war ein voller Erfolg, kein Wunder bei dem abwechslungsreichen Programm, das wir den zahlreichen Zuhörern bieten konnten. Zu Gast waren dieses Mal Elisabeth Akinor, Susanne Bonn und endlich auch Ulf Fildebrandt, der übrigens in derselben Antho vertreten ist wie ich, und wie immer im Herbst mein Akustik Duo "Quest42".
Am 25. Januar 2024 kannst du mich mit „Vernes Federn“ live erleben bei unserer Autorenlesung im Viernheimer Eine-Welt-Laden! Ich habe den Arnaud dabei und Resurrexit!
Der Knaller zum Schluss - passt doch zu Silvester und Feuerwerk:
Meine Märchenadaption „Dornröschen spinnt!“ hat den Skoutz Award Fantasy gewonnen! Ist das nicht obergeil?! Ich kann es immer noch nicht fassen, freue mich aber bereits jetzt wie Bolle auf all die tollen Fantasybücher, die ich dann nächstes Jahr als Jurorin lesen darf!
Demnächst melde ich mich wieder mit Terminen fürs neue Jahr und weiteren buchigen News.
Ich wünsche dir ein fantastisches 2024! Hab Spaß und spannende Bücher, tu etwas Außergewöhnliches, bleib gesund, lächle und bring es heil hinter dich!
Liebe Grüße
Deine Odine
Und hier natürlich das nächste Kapitel aus „Bisanz der Vampire“:
Bisanz der Vampire – 9. Kapitel
Schwester Eloise hatte sich gerade verabschiedet, nachdem Sarah ihr versichert hatte, dass sie keine Schuld an den Morden trug.
„Die Oberin ist außer sich“, hatte die alte Nonne verraten. „Sie meint, dass das nur ein Vampir getan haben kann, und dass du, weil du unserer Gemeinschaft den Rücken gekehrt hast, es nun mit anderen Dingen eben genauso hältst.“
„Eloise! Das war ich nicht! Du kennst mich doch! Wie lange?“
„Siebenundfünfzig Jahre. Und du siehst nicht mal halb so alt aus!“
„Und hab ich jemals ... hattet ihr jemals Anlass, so von mir zu denken?“ Sarah kämpfte mit den bitteren Tränen der Enttäuschung.
„Wir nicht. Aber die Oberin ... na, du weißt ja, wie sie ist.“
„Und ihr wisst, wie ich bin! Bitte, glaube mir, ich bin unschuldig. Und genauso entsetzt wie ihr über diese Gräueltaten.“
Ihre Freundin nickte müde und umarmte sie zum Abschied. Sarah blieb allein zurück und fühlte sich elend. Sie sehnte sich nach Henri und hoffte, ihn im Salon zu finden.
Dort traf sie gleichzeitig mit dem Hausmädchen ein, das erneut Besuch ankündigte.
Erstaunt ließ Sarah bitten und wartete zusammen mit Henri auf die Gruppe, die zügig die Treppe zu ihrem Appartement erklomm.
Die große Flügeltür schwang auf – und Henri wurde so blass, dass man auch ihn für einen Vampir halten mochte. „Madame Lemond!“
Sarah riss die Augen auf. Sie hatte allenfalls mit einem Brief gerechnet, und das nicht vor Ablauf einer Woche.
Doch ehe sie weiter darüber nachdenken konnte, ergriff die alte Vampirin das Wort. „Monsieur! So sehen wir uns wieder. Ich dachte, ich hätte Sie eindringlich gewarnt, aber wie es scheint, locken Sie die Unseren geradezu an!“
„Madame, ich ...“
„Sie haben überlebt, das freut mich. Und wem habe ich nun diesen Hilferuf zu verdanken?“
„Sie wissen ...?“, kam es unbedacht von Sarah.
„Meine Verlobte, Sarah“, erklärte Henri schnell. „Und ich bin Henri Comte de L’Aquai, der Ihnen auf ewig zu Dank verpflichtet ist.“
Die Dame nickte. „Nun, dann will ich auch Sie nicht im Ungewissen lassen. Ich bin Amélie Lemond, die Großmeisterin der Loge in Marseille, zu meiner Rechten Sir Galeron MacLochlan als Vertreter des Senats, und diese beiden sind meine Enkel Emmanuel und Maurice. Wir haben von den Morden in Ihrer Stadt Kenntnis bekommen. Eine blutige Spur führt geradewegs hierher, deshalb befanden wir uns bereits im Aufbruch, als uns Ihre Nachricht erreichte.“
„Eine blutige Spur?“, wunderte sich Sarah. „Von Marseille bis ...“
„Bis an den Doubs, meine Liebe. Sie sind eine von uns – wie kommt es, dass wir von Ihnen nie gehört haben?“
„Ich habe lange Zeit im Kloster gelebt ... und wusste bis vor kurzem gar nicht, dass es außer mir noch weitere gibt!“
Madame Lemond lachte amüsiert auf. „Alors, da hat Ihr Verlobter Ihnen gewiss einiges berichtet. Wie auch immer, wer nach mir ruft, tut dies nicht ohne Grund. Da ich nicht Sie für die Täterin halte, gibt es denn Anlass zu der Vermutung, es können sich noch andere Vampire hier aufhalten?“
„Oh ja, Madame! Wir kennen ihn, und ich habe ihn auf frischer Tat ertappt!“
Nun war es an den Besuchern, die Augen aufzureißen. Sie fingen sich jedoch schnell wieder.
„Sie kennen seinen Namen?“, fragte Madame Lemond.
„Ja. Er heißt Corbinian de Bayeux.“
„Le Vampire“, zischte der Vertreter des Senats ungehalten. Sein faltiges Gesicht bekam einen noch finstereren Ausdruck. „Wo ist er?“
„Im Haus gegenüber. Er scheint sich sicher zu fühlen.“ Mit Grausen erinnerte sich Sarah an den Morgen. Sie hatte aus dem Fenster geschaut, als er gerade aus dem Gebäude kam, sie hinter dem Vorhang entdeckte und sich siegesgewiss zum Gruß an den Zylinder tippte.
„Wohnen dort Menschen?“
„Nur das Personal. Madame Pellier habe ich überreden können, zu ihrer Nichte aufs Land zu fahren.“
„Wir kümmern uns um ihn.“
„Heißt das ...?“, meldete sich nun auch Henri zu Wort, der bisher schweigend zugehört hatte.
„Dass wir ihn einäschern?“ Madame lachte erneut kurz auf, aber ihre Augen blieben ernst. „Nein, leider nicht. Sir Galeron besteht darauf, dass wir der neuen Charta folgen und ihm den Prozess machen.“
„Wenn wir ihn ordentlich verurteilen, stirbt er trotzdem“, versicherte der alte Vampir. „Nur haben wir dann die Justiz auf unserer Seite. Wir sollten keine Zeit verlieren.“
Sarah begriff allenfalls die Hälfte von dem, was ihre Artgenossen da von sich gaben. Charta, Senat, Justiz ... Sie war jedoch zu erleichtert über die anstehende Rettung vor ihrem mordlüsternen Nachbarn, als dass sie auf weitere Erklärungen bestanden hätte.
„Sie müssen mitkommen, meine Liebe. So will es das Gesetz.“ Madame Lemond ließ keinen Zweifel daran, dass sie umgehend zur Tat schreiten wollte. „Gnädigster Comte, Sie auch, wenn Sie mögen.“
Newsletter vom 29.01.2024
Hallo!
Extra-Post für dich! Weil die technischen Probleme leider doch nicht behoben sind und der Umbau eventuell etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen wird, kommen bereits heute einige Infos und die letzten Kapitel des Fortsetzungsromans "Bisanz der Vampire". Ich kann nämlich leider gar nicht abschätzen, wann ich den nächsten Newsletter versenden kann.
Los geht's.
Zunächst mal ein herzliches Willkommen den zahlreichen neuen Abonnenten! Schön, dass ihr da seid! Die früheren Newsletter finden sich übrigens auf meiner Homepage im Archiv:
https://odine-raven.jimdofree.com/newsletter/
Ich hatte ja versprochen, das Geheimnis hinter dem Namen "Ravensigns" zu lüften. Ach, es ist gar nicht so spektakulär. Es gab da dieses Musikprojekt von mir, Munins Runen, und ich hatte Angst, dass sich jemand diesen Namen schnappt, bevor er etwas bekannter würde. Also habe ich ihn anfangs verschlüsselt benutzt: Munin ist einer der Raben Odins, also Raven, und Runen sind geheimnisvolle Zeichen, also Signs. Et voilà - Ravensigns. Du kannst dir sicher denken, dass auch mein Pseudonym da seinen Ursprung hat!
Kommen wir zu den News:
Die Anzahl meiner Follower auf Instagram ist stabil über 900, das ist mega! Und dabei habe ich gar nicht bemerkt, dass sie auf Facebook sogar die 1000 überschritten hat!
Letzten Donnerstag haben wir mit "Vernes Federn" eine wahnsinnig schöne Autorenlesung im Viernheimer Weltladen gehabt. Von mir gab es die besten Szenen aus "Resurrexit" und "Monsieur Arnaud", und hinterher durfte ich zahlreiche Exemplare signieren. Es war einfach toll, die LeserInnen mal persönlich zu treffen!
Gibt es bei dir auch solche kleinen, feinen Veranstaltungen?
Die nächste Lesung im Viernheimer Vogelpark findet übrigens am 7. Juli 2024 statt, und wir haben wieder fantastische Gäste eingeladen!
Zuvor kannst du uns an unserem Stand auf der Buchmesse im Ried besuchen. Diese findet statt am 9. und 10. März 2024. Sonntags lese ich dort aus "Dornröschen spinnt!", das ja letztes Jahr den Skoutz Award gewonnen hat. Dieses Jahr bin ich dabei übrigens Jurorin und freue mich jetzt schon auf die vielen Fantasygeschichten, die ich im Zuge des Awards lesen darf.
Der Kracher wie immer am Schluss:
"Das Geheimnis des Monsieur Arnaud" ist nominiert für den SERAPH, den Phantastikpreis der Phantastischen Akademie, und zwar als Bester Independent-Titel! Bin ich vielleicht aufgeregt! Auf der LBM werden die Gewinner bekanntgegeben ... bitte drück mir die Daumen!
So, das war es von hier. Ich hoffe, ich kann mich doch bald wieder bei dir melden. Auf jeden Fall kannst du auf meiner Webseite immer wieder neue Geschichten lesen, und zwar unter
https://odine-raven.jimdofree.com/tageslektüre/
Aber jetzt erstmal die letzten beiden Kapitel des Fortsetzungsromans - ich hoffe, dir hat die Lektüre gefallen!
Liebe Grüße
deine Odine
Bisanz der Vampire - 10. Kapitel
Doch sie kamen zu spät. Die Magd, die sie ins Haus ließ, konnte nur noch berichten, dass der Gast in plötzlicher Eile vor einer halben Stunde aufgebrochen sei mit unbekanntem Ziel. Obwohl er das Zimmer bis Sonntag im Voraus bezahlt habe.
„Dürfen wir?“, meinte Emmanuel und drückte sich zusammen mit seinem Bruder an der verstörten jungen Frau vorbei in Richtung Treppe. „Wohin?“
„Gleich da oben, die erste Tür ...“
Sie fanden nichts. Das Bett war zerwühlt und die Schranktür stand weit offen, aber Corbinian hatte nichts liegen lassen.
„Leute wie er sind ständig auf der Flucht. Sicher war das meiste bereits gepackt“, mutmaßte Madame Lemond, nachdem sie unverrichteter Dinge zum Appartement auf der anderen Straßenseite zurückgekehrt waren.
Sir Galeron nickte bedächtig. „Er muss uns gerochen haben.“
„Warten wir, ob Emmanuel und Maurice ihn aufspüren können.“ Die beiden Brüder hatten sich aufgemacht, die Nachbarschaft nach dem Flüchtigen zu durchkämmen.
„Du weißt, dass sie ihn nicht finden werden, Amélie.“
„Jaja.“ Sie winkte frustriert ab.
Sarah blickte von einem zum anderen. „Und was ist, wenn er wiederkommt? Irgendwann?“
„Er wird nicht wiederkommen, meine Liebe. Das tun sie nie, wenn sie entdeckt wurden. Zumindest eine Zeitlang. Siebzig, achtzig Jahre.“
Der alte Vampir schüttelte den Kopf. „Andere könnten ihm folgen.“
„Dann sind wir hier nicht sicher?!“
Madame Lemond seufzte verständnisvoll. „Wo ist man schon sicher?“
„Und wenn sie es zu ihrem Revier erklärt?“, gab Sir Galeron zu bedenken.
„Zu meinem ... was?“ Sarah sah ihn ratlos an.
„Zu Ihrem Revier. Dann stehen Sie unter dem Schutz unserer Gesellschaft. Kein Vagabund würde es noch wagen, hier auf die Jagd zu gehen.“
Madame Lemond nickte. „Und wenn Sie gar eine Loge gründen wollen, haben Sie umso mehr Befugnisse. Dann dürfen Sie Recht über diese Gesetzlosen sprechen, ist es nicht so, Galeron?“
„So verfügt es die Charta.“
Die Anwesenden schauten zu Sarah. Diese überlegte nicht lange. „So sei es.“
Bisanz der Vampire - 11. Kapitel
Sir Galeron und die beiden jungen Vampire nahmen die Verfolgung des Flüchtigen auf, ohne große Hoffnung, seiner habhaft zu werden. Immerhin wussten sie nun, mit wem sie es zu tun hatten. Corbinian war kein Unbekannter, und er war gefährlich. Ob er Verbindung stand mit jenem Unglückseligen, der Henri bei Marseille attackiert hatte, musste noch geklärt werden. Es mochte aber reiner Zufall sein, dass sich gleich zwei mordende Vampire zur selben Zeit in der Gegend aufgehalten hatten. Leider hatte der eine seine wahre Identität mit ins Grab genommen.
Unterdessen lernte Sarah alles, was es über die Gemeinschaft der Vampire zu wissen gab. Staunend lauschte sie Madame Lemond, die sie in ungeahnte Geheimnisse einweihte. Eine Charta regelte das Zusammenleben der Vampire untereinander sowie mit den ahnungslosen Menschen der nicht-vampirischen Welt. Dabei sorgten die Logen dafür, dass letztere vor den Angriffen der herumstreunenden Gesetzlosen gefeit waren. Die Sesshaften, zu denen auch Sarah längst unwissentlich zählte, vermieden es nämlich tunlichst, durch derartige Vorfälle die Aufmerksamkeit ihrer Mitmenschen zu erregen und entdeckt oder gar von einem aufgebrachten Mob gelyncht zu werden.
Die Großmeisterin gab die Anfertigung der nötigen Papiere in Auftrag. Fast wäre das Unterfangen bereits hier gescheitert, weil sie dazu den Nachweis von Sarahs Abstammung benötigte.
Diese konnte nur spärlich Auskunft geben, denn sie wusste selbst nicht viel darüber. „Mein Vater war der Chevalier Derius d’Ascalon. Meine Mutter hieß Salome, mein Bruder Desiderius. Sie alle sind ermordet worden, da war ich gerade siebzehn Jahre alt.“
Madame Lemond nickte ernst. „Das ist furchtbar, meine Liebe, ganz entsetzlich. Seien Sie sich meiner Anteilnahme gewiss!“
Sarah seufzte lediglich. Sie erinnerte sich möglichst selten an die Geschehnisse von damals.
„Und eben deshalb sorgen wir mit unseren Gesetzen und den Logen, die auf ihre Einhaltung bestehen dafür, dass so etwas nicht mehr vorkommt“, fuhr Madame fort. „Wissen Sie noch, wo es passiert ist?“
„Nein, tut mir leid. Wolfsbourg oder so ähnlich. Es ist so lange her ...“
„Wie konnten Sie entkommen?“
„Gar nicht.“ Sarah lief ein kalter Schauer über den Rücken. „Die Bauern haben mich überwältigt und ins Kloster verschleppt.“
„Und da verbrachten Sie die folgenden zweihundert Jahre?“
„Ja. An unterschiedlichen Orten allerdings.“
Wieder nickte Madame Lemond bedächtig. „Dass wir nie von Ihnen hörten – das ist äußerst ungewöhnlich. Wenn sogar Vulnerable wie Ihr Verlobter Kenntnis von Ihren Kräften hatten!“
„Ich habe ja nie gebissen oder gar getötet!“
„Sicher. Das soll mir auch als Nachweis Ihrer Rechtschaffenheit genügen.“
„Und was ist mit meiner Abstammung?“
Die alte Dame sah ihr mit einer Mischung aus Bedauern und Verständnis ins Gesicht. „Meine Liebe, vieles ist im Dunkel der Geschichte verschwunden. Wie viele Adelsgeschlechter im Laufe der Zeit ausgemerzt wurden, kann ich Ihnen gar nicht aufzählen. Die Überlebenden können aber nicht ewig in der Vergangenheit wühlen. Wir müssen nach vorn schauen und alles tun, damit sich solches nicht wiederholt!“
Es sollten dennoch einige Wochen vergehen, bis Sarahs Antrag geprüft und am Ende genehmigt wurde. Drei Tage nach ihrer Hochzeit war es endlich soweit: Unter der Führung der Großmeisterin wurde ohne großes Zeremoniell im Hause des Comtes die Loge zu Bisanz gegründet.
Und nie wieder sollte ein streunender Vampir die Menschen in Madame de L’Aquais Stadt behelligen.
Ende
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